Ausfahrt 115: Haus der Berge in Berchtesgaden

Bei der Formulierung „Haus des {GENITIV}“ wird mir immer ein wenig blümerant. Das riecht nach Oma, Lavendel und Kurtaxe. Aber das Haus der Natur in Salzburg ist für kleine Forscher fast so toll wie das Deutsche Museum, und es ist auch etwa vielseitiger, weil es eine Art Naturkundemuseum ist. Jetzt stand das „Haus der Berge“ an, das in Berchtesgaden ist. Neuer Monat, neues Museum.

Klein ist das „Haus der Berge“, aber innen oho

Die Dauerausstellung lautet „Vertikale Wildnis“ und ist etwa 1000 Quadratmeter groß. Das klingt nicht viel, ist aber unheimlich dicht inszeniert. Die verschiedenen Lebensräume in den Berchtesgadener Alpen bekommen dabei einen Bereich, der in den nächsten übergeht – der Fluss, die Alm, usw. Alle drei Minuten wechseln die Jahreszeiten in der Ausstellung, die für alle Sinne inszeniert ist.

Wir fahren mit den Kindern gern in die Berge in den Urlaub, im Sommer. Oder besser: Die Kinder wollen in die Berge fahren. Mit dem kalten Gebirgswasser spielen, mit der Seilbahn fahren – nix könnte ihnen besser gefallen.

Das Museum hat ganz, ganz viele ausgestopfte Tiere in der Ausstellung, die in ganz liebevoll eingerichteten Sets ausgestellt werden. Ich glaube, früher hat das Diorama geheißen. Dazu wird mit Lichteffekten wie etwa einem Muster auf dem Boden, das wie die sonnendurchfluteten Fluten eines Baches aussehen, die dazu passende Stimmung erzeugt. Geräusche sorgen für eine weitere Untermalung, das man in die Szenerie gedanklich eintauchen kann. Viel wurde hergerichtet, damit auch blinde Besucher den Weg durch die Ausstellung finden. Ich denke, auch sie werden etwas an der Ausstellung finden. So etwas Ähnliches habe ich in einer 4D-Installation am London Eye schon mal erlebt, aber noch nie in einer ganz nornalen deutschen Einrichtung.

An den ausgestellten Tieren fehlen die Hinweise „Bitte nicht anfassen“, sodass das ein oder andere Murmeltier mal ein Streicheln abbekommt. Auch wird hier nicht mit Argusaugen über alles gewacht. Der Kontrast zu einem althergebrachten Museum könnte nicht größer sein.

Für kleine Forscher ist auch der Höhlenbereich spannend. Den kann man ganz selbstgesteuert mit Taschenlampen eigenständig erkunden. Das geht auch nicht anders, da ist es wirklich dunkel. Für die ganz Kleinen sind die Geräusche des Fledermausschwarms nichts, aber man kann auch schnell die Ohren zu halten.

Visuell ist alles toll aufbereitet: Schon im Eingangsbereich, für den man nicht einmal eine Eintrittskarte braucht, steht ein Kino mit einer wirklich ungewöhnlichen Naturdokumentation. Langzeitaufnahmen von keimenden Bäumen und sich öffnenden Blüten, die im Zeitraffer dargestellt werden, sorgen sogar bei Teenies für das ein oder andere Ah oder Oh. Höhepunkt (auch räumlich, an der höchsten Stelle des Museums,) ist ein immersiver Film über die Jahreszeiten am Watzmann, der mit einem Blick auf die Berge abschließt. Das ist beinahe IMAX-artig in seiner Wucht und Inszenierung, und allein dafür hätten sich die vier Euro Eintritt für Erwachsene (Stand Juli 2016) gelohnt.

Das Haus der Berge liegt zwar etwas abseits, eine halbe Stunde von der Autobahn runter, im gefühlt entferntesten Zipfel der Republik und des Freistaates, aber die Fahrt durch immer engere Täler bereitet toll auf den Besuch vor. Entschleunigung ist das Stichwort. Und dann wartet ein echtes Erlebnis. Geeignet sollte das für Kinder zwischen vier und 14 sein.

Ein besonderes Lob geht an die Gastronomie, die weit über das sonst gewohnte museale Maß hinausgeht. Die Location wurde nicht nur so hergerichtet wie eine Alm, sondern sie wird auch ähnlich liebevoll vom Personal versorgt. Der Kaiserschmarrn kommt natürlich automatisch mit Zwetschgenröster, und genug Ketchup kann man für die Kinder auch bekommen.

Abseitiges

Was ich als Digital Worker besonders lustig finde, ist der kleine Built with-Check, den ich bei solchen Seiten immer mache: Der zeigt, dass die Site mit Dreamweaver gemacht wurde. Ja, das habe ich auch schon benutzt, aber das war 2004. Nicht in 2016. Die Seite ist nicht schlecht, aber nicht responsive.

Quellenangabe: Die Fotos stammen vom Atelier Brückner, einem Stuttgarter Büro, das sich auf Museen und Ausstellungen spezialisiert hat. Das BMW Museum haben wir auch schon besucht.

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