Flohmarkt am Kaufland in Rosenheim. Gedanken

Wem die Einrichtung der eigenen Wohnung nicht mehr gefällt, dem steht der Weg zum Zweitmarkt offen. Der hat mittlerweile viele Gesichter, das klassische ist aber des Flohmarkts oder Trödelmarkts. 

Der bekannteste Flohmarkt im Landkreis ist meines Wissens nach der in Rosenheim, direkt am Kaufland und ums Kaufland herum. Der ist immer an Sonntagen, von 10 bis 18 Uhr. (Genauer Zeitplan ist mir noch nicht bekannt, aber leider sind Flohmarktveranstalter schrecklich schlecht in Sachen SEO.) Heute bin ich zum ersten Mal dort gewesen. Dabei sind mir einige Dinge aufgefallen, die ich hier festhalten möchte.

(Update: Der Veranstalter hat tatsächliche eine Website, ein Muster für die Termine kann ich aber nicht erkennen.)

Ein Flohmarkt ist immer ein Ort der gescheiterten guten Vorsätze. Davon erzählen kaum benutzte Reader’s Digest-Fassungen von Romanklassikern, das noch originalverpackte und in Plastik verschweißte Diätkochbuch von Bayern-Doc Dr. Müller-Wohlfahrt, das 5-er Set Eierbecher 

Aber auch alte Lieben werden hier für 50 Cent bis Verhandlungssache verscherbelt: der Autokindersitz von den nicht mehr ganz so Kleinen, aus der Maxi Cosi-Generation von 2007; das 12-Zoll-Kinderfahrrad von Puky und noch mit Fahne – da kann der nächste Spross drauf fahren lernen. Lightning McQueen als Rückziehauto mit ganz verkratzter Motorhaube, und die schon etwas angestoßenen königsblauen Samt-Pumps, die sicher von ganz vielen Bällen erzählen können. Auch die Sonderedition der größten Hits von Karel Gott – für 50 Cent geht sie über den nicht vorhandenen Ladentisch. (Warum werden eigentlich noch Videorekorder angeboten und kein Schallplattenspieler?)

 

 

Überhaupt ist der Ort des Handels für mich ein Ort der Fantasie. Welche Geschichte erzählt der Blumentopf in Nilpferdform? Kam der als Geschenk einst ins Haus, von der bösartigen Schwiegermutter der ungeliebten angeheirateten Tochter überreicht? Dafür sieht er eigentlich zu benutzt aus. Oder die Kollektion fast gleicher Kristallglas-Aschenbecher? Hat die wirklich mal jemandem gefallen? Aus der Schrebergarten-Laube hat die den Weg aber auch direkt auf den Trödelmarkt gefunden. 

Für Journalisten empfiehlt sich der Weg hierher. Einmal, um eine tolle Reportage zu schrieben. Ein paar Story-Hooks finden sich hoffentlich für den 20-Cent-pro-Zeile-Autor in meinem kleinen Schrieb. Aber auch, um die eigene Stadt mal aus einer entschieden nicht-elitären Sicht zu sehen. Deutsch wird hier vergleichsweise wenig gesprochen, Bairisch auch nicht. Hier trägt Mann stolz das ungarische Jux-T-Shirt, leicht spannend über dem assimilierten Bierbauch. Der Kinderwagen, in dem der noch so eben nicht tätowierte Nachwuchs in Rosa hockt, sieht auch aus, als ob er vom Flohmarkt wäre. Wie man in Bayern mit Hartz IV lebt – hier gibt es eine Menge Antworten auf diese viel zu selten gestellte Frage. Wer nicht ganz so tief schürfen will, kriegt vielleicht eine Galerie der misslungensten Jugendsünden-Tattoos zusammen.

 

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